Neuerwerb

„Grund- und Durchschnitsris [von] dem Hochfürstlien Schlossgebäu[de] zu Neufra“ 1823

Ein Plan mit Geschichte

Das Renaissanceschloss mit den berühmten hängenden Gärten in Neufra, einem Stadtteil von Riedlingen, überragt das Donautal weithin sichtbar. Nur wenige wissen, dass dieser mächtige Komplex einst ein in sich geschlossener Gebäudekomplex mit Innenhof war. Was heute sicher nicht mehr möglich wäre, geschah 1866. Der damalige neue Besitzer, Fabrikant Ferdinand Gröber aus Stuttgart, ließ den südöstlichen Teil der Anlage abreissen. Darüber berichtet die vom Sohn Carl Gröber verfasste, unveröffentlichte Familienchronik. Der darin erwähnte Grundrissplan aus dem Jahre 1823 befand sich viele Jahre in Privatbesitz (ganz im hohen Norden) und wurde jetzt dem Museum Riedlingen geschenkt. Der Riedlinger „Zeichnungslehrer“ Viktor Kögel malte zudem vor dem Abriss der einst sicher mächtigen Schlossanlage ein Bild, so dass die einstige Größe auch im Vergleich über das aktuelle Luftbild erkennbar wird.

In der Chronik heißt es:

Schon im Jahre 1865 hatte die fürstlich fürstenbergische Standesherrschaft das Schloßanwesen Neufra zum Verkauf ausgeschrieben und mein Vater [Fabrikant Ferdinand Gröber] mahm mich mit zu der im Schloßhof vorgenommenen Versteigerung. Zu einem endgültigen Verkauf des Schlosses kam es bei der Versteigerung nicht, das höchste Angebot meines Vaters mit 17000 Gulden wurde nicht bestätigt. Die Unterhandlungen mit Donaueschingen wurden aber von Seiten meines Vaters fortgesetzt und am 18. November 1866 kam der Kauf mit 23000 Gulden zum Abschluß und mein Vater war von da ab Besitzer des Schloßanwesens.

Die Veränderungen, die mein Vater bis zum Frühjahr 1867 vornahm, waren zum Teil sehr tief einschneidend und gaben dem ganzen Anwesen ein verändertes Aussehen. Das „Alte Schloß“ wurde abgebrochen. Dieses bildete mit dem neuen Schloß den südöstlichen Flügel des Schloßkomplexes und so einen ganz abgeschlossenen Schloßhof von sehr bescheidener Größe und von dürftigem kaltem Charakter. Auch die verschiedenen, sehr unregelmäßigen Gelasse des alten Schlosses boten keine Verwand¬lungsmöglichkeit, und da ohnedies das Gebäude als teilweise baufällig erklärt wurde und die Wohnungen des neuen Schlosses durch den Abbruch sehr an Licht und Luft gewonnen, so war dies gerade kein Fehler. Beim Abreißen aber zeigte sich der alte Bau noch so solide, daß beinahe zum Sprengen der dicken Mauern Pioniere von Ulm herbeigezogen werden mußten. Im Ganzen verlor durch die Entfernung des alten Schlosses das ganze Bauwesen seinen massigen, burgähnlichen Charkater. Zwei von Zeichenlehrer Kögel aus Riedlingen kurz vor dem Niederreißen entstandene sehr gute Zeich¬nungen lassen dies deutlich erkennen, auch ein Lageplan und Bauplann des ganzen Häuserblocks aus dem fürstlichen Archiv ist noch in meinem Besitz.

Carl Gröber (1925)

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