Museumsgeschichten

Heißt Alocchis Alois?

Riemenzunge, Offingen

Die Wechselausstellung „Bodenschätze aus dem Depot“ präsentierte Kostbarkeiten der lokalen Archäologie, die von den Mitgliedern des Altertumsvereins in guter vaterländischer Gesinnung zwischen 1851 und 1890 ausgegraben wurden. Ein absolut singuläres Fundstück ist die aus Bronze gearbeitete Riemenzunge aus dem 6./7. Jahrhundert nach Christus. Sie wurde im Dorf Offingen am Bussen bei Bauarbeiten 1859 gefunden.

Von dem knapp 12 cm langen Artefakt kennt die Archäologie kein vergleichbares Stück. Auf der einen Seite sind zwei exakt geformte Doppelkreise eingeritzt, deren innere Fläche in acht Segmente aufgeteilt ist. Zwischen den Kreisformen ist eine Art Flechtbandmuster eingelegt. Innerhalb der Kreisflächen befinden sich wiederum acht kleine Kreisformen, genauestens platziert. Von einem Kreis gehen drei Doppellinien ab, die wiederum jeweils miteinander verbunden sind und in einem Doppelbogenmuster einen feinstens gestalteten Kreis halten, der zur Hälfte hinter einem quer gelegten Schuppenmusterband liegt. Die nicht nur ornamental gestaltete Seite birgt das eigentliche Rätsel. Die in der Mitte gelegene, deutlich zu erkennende und gleichschenklige Kreuzform wird flankiert von einer dem Andelfinger Goldblattkreuz ähnlichen Form, kreisförmig umrahmt und der lateinisch geschriebenen Buchstabenfolge ALOCCHIS, eingefasst durch dreieckförmige Segmente. Das Besondere daran ist zunächst die Verwendung der klaren Buchstabenformen, was zu jener Zeit nicht unbedingt üblich war. Dann die Bedeutung der Buchstabenreihung, in der die Archäologin Ursula Laux in ihrer Arbeit über die Riedlinger Sammlung möglicherweise den Namen Alois deutet. Die beiden CC könnten der Ersatz für das fehlende W sein, wie der Name auch heute noch ausgesprochen wird: ,,Alowis.“ Seit römischer Zeit werden Gürtel mit einer Riemenzunge versehen. Diese erleichtert das Durchziehen des Riemens durch die Schlaufe. Solche Riemenzungen kommen ausschließlich in Gräbern der sozialen Oberschicht vor. Der Fund weist auf eine vornehme frühe Bussenbesiedlung hin.

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