Museumsgeschichten

Schätze aus dem Depot – von Riedlingen nach Madagaskar und zurück

(ag) Ein gutes Gewissen ist ein gutes Ruhekissen. Wohl unter dieser Prämisse haben zwei Bücher im Jahre 2001 ihren Weg wieder nach Riedlingen gefunden. Die beiden Folianten aus dem 16. und 17. Jahrhundert hatte bisher niemand vermisst, weil deren Existenz nicht bekannt war. Umso überraschender war es, als das Auswärtige Amt in Berlin 2001 anfragte, ob in Riedlingen auf diese beiden Druckwerke Besitzanspruch erhoben werde. Sie tragen nämlich in den Eigentumsvermerken Hinweise auf Riedlingen.

Die Bücher besaß zuletzt der am 20.03.2000 auf Madagaskar verstorbene französische Staatsangehörige Guy Deremaix. Er wollte sie nach seinem Tode einer deutschen Bibliothek oder einem Museum zukommen lassen. Vorgesehen war die Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz „Unter den Linden“ in Berlin, nicht aber Riedlingen.

Riedlingen konnte jedoch den Besitzanspruch nachweisen und so „reisten“ die Bücher von Madagaskar über Paris nach Berlin, um dann in einem Paket schließlich in Riedlingen anzukommen. Die Frage ist jedoch, wie die Druckwerke überhaupt auf die Insel vor der Ostküste Afrikas kamen? Möglicherweise war der Erblasser nach dem II. Weltkrieg Besatzungssoldat in Riedlingen und hatte als „Bücherfreund“ diese beiden Werke „sichergestellt“. Man weiß er nicht. Weitere Recherchen führten zu keiner Erkenntnis.

Besonders kostbar ist die Gesetzessammlung des Reichskammergerichts von 1494 bis 1570. Der Foliant trägt auf dem Ledereinband als Supralibros das Wappen des Hans Christoph von Hornstein aus Grüningen. Er lebte von 1541 bis 1606 und war nach Studien der Rechtswissenschaft in Freiburg und Bourges als Assessor am Reichskammergericht tätig, an welches er 1569 von Kaiser Maximilian II. berufen wurde. Der Foliant wurde in Frankfurt 1572 gedruckt. Die Universitätsbibliothek Frankfurt hat keine Ausgabe dieses Buches. Lediglich die Bibliothek in Greifswald hat ein Exemplar davon und den 1604 erschienenen zweiten Teil.

Titelblätter der beiden bibliophilen Raritäten, die 2001 aus Madagaskar nach Riedlingen zurückkehrten.

Das Buch „Ars bene moriendi“ (Die Kunst, wohl zu sterben) aus dem Jahre 1673 gehörte dem Riedlinger Nachprediger Johann Michael Senft. Er ordnete es 1759 seiner Bibliothek ein. Inzwischen wurde die Diözesanverwaltung auf diesen Fund aufmerksam und hat die beiden Bücher „konfisziert“, also dem Museum abgenommen.

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